Sonntag, 22. Mai 2011

Erinnerung in der Kirche

Als ich heute nach längerer Zeit mal wieder in der Kirche war, kam eine Erinnerung hoch. Ich muss damals 13 gewesen sein, und es war Weißer Sonntag. Nein, nicht meine Erstkommunion, die war einige Jahre früher. Aber ich war damals fast jeden Sonntag brav in der Kirche, und an diesem Sonntag kamen all die kleinen Mädchen in ihren weißen Kleidern und die Jungs in ihren dunklen Anzügen in die Kirche marschiert, sie war voll wie sonst nie, und der Gottesdienst hat entsprechend länger gedauert als üblich.

Warum ich mich daran so genau erinnere? Weil ich an demselben Morgen von meiner Mama eine ordentliche Tracht mit Papas Gürtel bekommen hatte. Wirklich nicht unverdient, muss ich gleich sagen. Ich hatte Mama wohl schon die vorangegangenen Tage genervt und war auch nicht besonders freundlich zu ihr und zu menen Geschwistern gewesen. Wie man mit 13 eben so ist. Und an diesem Sonntagmorgen, als sie mich wie üblich um kurz nach 8 weckte, weil die ganze Familie um 10 Uhr in den Gottesdienst ging, hatte ich absolut keine Lust aufzustehen. Sie kam dann nach 10 Minuten noch einmal, und ich habe einen nicht sehr schönen Ausdruck gebraucht, um ihr mitzuteilen, dass ich weiter im Bet bleiben wollte. Sie hat das dann sofort Papa erzählt, und der muss gemeint haben, dass es an der Zeit sei, das pubertierende Fräulein Tochter (Sonntag hin, Sonntag her) ordentlich übers Knie zu legen. (Die Ausführung hat Papa dann immer Mama überlassen.) Wobei das "übers Knie" in diesem Alter bei mir nicht mehr wörtlich zu nehmen war - in den meisten Fällen trat entweder der "Gelbe Onkel" (also der Teppichklopfer) oder der Gürtel in Aktion, und ich musste mích vor mein Bett knien und den Po für die Bestrafung brav herausstrecken. Der Gürtel stammte ursprünglich aus Papas Jeans, aber Mama hat ihn irgendwann an sich genommen und ihn für "mittelschlimme" Fälle bei uns Kindern verwendet (für "ganz schlimme" Fälle gab es eben den Teppichklopfer). Er war aus schwarzem Leder und ziemlich breit - eben so ein Jeans-Gürtel aus den 70er Jahren. Und er klatschte wirklich sehr laut auf der nackten Haut, vor allem in einem kleinen Zimmer. Zu hören war er in der ganzen Wohnung. Meine ältere Schwester war die erste, die damit Bekanntschaft machen durfte; und da hat er sich offenbar nach Mamas Meinung bewährt, und ich hatte dann auch gelegentlich das zweifelhafte Vergnügen, ihn auf meiner Hinterseite zu spüren. Keine Ahnung, was aus dem Gürtel geworden ist; vielleicht hat ihn Mama immer noch irgendwo in Reserve!

An diesem Sonntag war mir schon klar, als ich das bewusste Wort ausgesprochen hatte, dass das keine gute Idee war und dass wahrscheinlich meine Kehrseite dafür würde büßen müssen. Mama wirkte, als sie mit dem Gürtel in der Hand in mein Zimmer kam, für ihre Verhältnisse ziemlich wütend, und mir schwante nichts Gutes. "Franzie, sofort aus dem Bett. Das war genug! Hinknien, du kriegst sie jetzt hinten drauf!" Ich stand auf und kniete mich brav hin, und ganz leise fing ich auch wirklich an zu beten. "Lieber Gott, lass es nicht so schlimm werden..." Ich hatte mein Pyjama an, und natürlich hieß es gleich "Hose runter", und ich schob den Gummi brav bis zu meinen Knien herunter. Dann fing Mama ohne große Vorrede an, mir die Hiebe hinten drauf zu pfeffern. Sie machte den Gürtel immer in eine Schlaufe und schlug von links her, so dass die rechte Pohälfte wesentlich mehr abbekam als die linke. Ich hab die Hiebe micht mitgezählt, aber es waren mindestens 10 oder 12. Danach hab ich nur noch geweint und mir ganz vorsichtig die schmerzende Backe gerieben.

Und dann kam leider das "Nachspiel". Zum Frühstücken war es zu spät, aber für den Gottedienst nicht! "Mach dich schnell fertig, Franzie, du kommst mit in die Kirche!" Noch leicht zitternd ging ich ins Bad und wusch mir das Gesicht und putzte die Zähne, dann schnell in Unterhose und Rock und Bluse, und hinter den anderen hergetrottet in die Kirche.

Wer katholisch ist, weiß, dass man bei der Messe immer wieder aufstehen, sich hinsetzen, sich hinknien, sich wieder hinsetzen muss. Daran musste ich heute vormittag denken - wie sehr ich mir an diesem Sonntag gewünscht hatte, dass ich einfach stehen oder meinetwegen auch knien könnte! Aber nein, immer wieder hinsetzen auf meinen wunden Hintern, wobei ich das Gefühl hatte, dass Mama mich jedes mal streng anschaute, wenn ich leicht das Gesicht verzog. Und vor allem meine "liebe " ältere Schwester, die natürlich wusste, das ich den Gürtel auf den Po gekriegt hatte - sie musste jedes mal boshaft grinsen, diese dumme Kuh! Sehr andächtig war ich nicht bei dieser Messe. Aber gemerkt habe ich mir die Lektion!

Für diejenigen, die sich mehr für die Gegenwart in unserer Familie interessieren: Es geht uns allen gut, die Mädels sind im Prinzip brav. Die Kleine hat am Freitag in der Küche mal schnell ein paar mit der Hand auf den Po gekriegt, weil sie mich immer denselben Fragen genervt hat, aber schlimmere Sanktionen musste ich nicht verhängen. Ich hoffe, es bleibt so!